2012-08-08

Medien II


"Zwar hatte ich all das schon 1976 erlebt, doch nun war mir, als sähe ich es zum erstenmal, als begriffe ich endlich die Auswirkungen der Krawalle auf die Psyche der Weißen. Die Weißen schienen sich ängstlich in sich zurückzuziehen, sich gegenüber Afrika zu verschlie-ßen und das Elend in den Behausungen der Schwarzen einfach zu ignorieren. Früher, als Marxist, hätte ich gesagt, Ursache dieser peri-staltischen Krämpfe sei der Klassenkampf, das weltweite Drama von Haben, Nichthaben und Wollen. Aber jetzt erschien mir diese Erklä-rung völlig unzureichend, viel zu trivial und nüchtern, um die furcht-bare Macht der weißen Unterdrückung zu beschreiben. Damit war zum  Beispiel das Foto eines Zwölfjährigen in der Cape Times nicht zu erklären: Der Junge stand mit dem nackten Rücken zur Kamera, auf seiner braunen Haut waren die Striemen von einer Schlagrute zu sehen. Warum hatten sie das getan? Um ihre Klasseninteressen zu fördern? Quatsch. Sie taten es, weil der Jungen schwarz war und unterdrückt werden mußte. Sie taten es, weil sie Angst vor ihm hat-ten. Das war das Gesetz und das Vermächtnis Dawid Malans. Wir unterdrückten die Schwarzen aus Furcht, sie könnten sich auf uns stürzen und uns die Kehlen durchschneiden." (aus Rian Malans Mein Verräter Herz).

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13500486.html
[Spiegel-Artikel zu Malans Buch My Traitor's Heart]
Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk bzw. Inhalt steht unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz.

No comments:

Post a Comment