2013-02-28

Kleine Leseschule I



via and with the highest respect of. 


Hier geht es zu einer kleinen Leseschule auf die Fragen nach dem 'Wohin mit der Menschheitsgeschichte' und 'Welche Wahl könnte/sollte jeder Mensch haben?'

Der Beginn: Antinatalismus (deutscher wiki-Eintrag) und die eloquent-verbalisierte Konseqenz: The Voluntary Human Extinction Movement (Link zur deutschen Übersetzung des Originals) plus zwei Artikel, die zusammenfallen wie Dominosteine
Cave: Ich möchte hinzufügen, dass das voreilige, durch fehlende Aufmerksamkeit erlittene Schlussfolgern Gefahren birgt und nur durch geduldiges, verständiges Lesen ersetzt werden kann.


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2013-02-16

Kapstadt; Muizenberg; Boulders Beach; Fish Hoek; Nord Hoek.

Tote Uhr am Strand von Muizenberg.

Keine Orte, an denen ich ein Lager aufschlüge, keine Plätze, auf denen ich länger sein wollte, als es dauerte, eine Zigarette zu rauchen.
Sie liegen verloren an der See, umgeben von der Leere ihrer Ferienhäuser in der Nebensaison.
Raum, der zu kaufen war, in den viele Handwerke eingeflossen sind, in den investiert wurde, damit Natur zu Kultur wird. Teurer Baugrund, noch teurer vermarktet, aber nicht genutzt, sondern nur bestellt.
Die Sonne grellt derweil auf den Sand und dieser reflektiert gnadenlos. Ein paar Liegende finden sich dennoch ein, um Bräune zu erhalten oder zu bewahren. Eingeölt am Strand herumliegen, eine Vorstellung, die mich schaudern lässt.
Der Wind kühlt alles herunter, die Intensität von Strahlung ist nicht spürbar, sodass selbst Pinguine fern ihrer sonstigen Gründe Kolonien gebildet haben und tagsüber in praller Sonne wie kleine Angestellte posieren, die für ihre Arbeit gering entlohnt werden. 
Asiatische Gruppenreisende verhüllen sich und schützen ihre Blässe und kehren voller fotografischer Eindrücke in ihre Ressorts zurück.
Ich denke an Chandlers Worte über L.A., in Marlowes Mund, an Glamour und Glanz und die Unwirklichkeit, die sich bei mir einstellt, wenn nach den halbwegs elektrifizierten, eingezäunten Blechüttenvorstädten Einkaufsparadiese und exklusiver (toter) Raum generiert werden.
"The most of everything and the best of nothing. Here we go again. You're not human to-night, Marlowe." (Aus The Little Sister).

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Skateboarding Cape Town.

Neulich in KapstadtSpuren der früheren Nutzung öffentlichen Raumes.

Als ich am Civic Centre den Bus vom Flughafen verlasse, ergreift mich das plötzliche Verständnis darüber, warum die Stadt für das Skateboardfahren gemacht war bzw. besser: gemacht ist. 
Das Präteritum wird leider nötig, weil seit dem 30. Mai 2007 das Fahren von Skateboards oder Roller-skates verboten wurde und bestraft wird (Link auf die by-laws der Stadt; Originalwortlaut: "No person shall — (a) on a public road skate on roller-skates or a skate-board or similar device except where permitted by the City;").
An Sonntagen im Februar ist anscheinend generell weniger los, wenn es um städtisches Leben geht, obwohl die City Views (eine kostenlose Touristenzeitung) in 'A city that's alive 24/7' betonen: Städte brauchen Menschen: Hinreichend viele Capetonians leben im CBD, sodass auch nach Feierabend genügend Kunden in den Geschäften umher streifen oder das Transportsystem gut ausgelastet wird [...]" (eigene Übersetzung aus der Februarausgabe der Zeitung).
Stattdessen prägt sich mir jedoch das Bild ein, dass allein Touristen für den Wirbel sorgen und der gemeine Kapstädter mit eigenem PKW (wie so oft in Südafrika) in andere Gegenden fährt (Muizenberg?, Boulders Beach? Fish Hoek? Camps Bay? Houts Bay?).
'Ausgestorben' ist das gängige Adjektiv für bereits erledigte Innenstädte und ich ergänze es gerne mit 'brachgelegen'. Denn nichts anderes ist die Konsequenz des Banns für Skater.
Die Spuren jedoch sind noch zu sehen, zerbrochener Marmor und geschliffene Betonkanten. Nur die Nutzer dieser Gegenstände sind rar geworden. Manchmal machen sie Schlagzeilen, wie im Fall von Decio (Link zu News24). Manchmal fahren sie einfach eine Straße hinunter und verschwinden hinter der nächsten Ecke. Das Aufsehenerregende und die Kunst sind fort.

Nach Rückfragen bei ein paar öffentlichen Sicherheitskräften macht sich in mir auch ein wenig Hoffnung breit: sie sagten, dass jeder Skateboarder gerne fahren dürfe, nur das Springen auf Bänke und das Schliddern über Kanten seien verboten. Eine nicht ganz zutreffende Interpretation des Beschlusses, denn der sagt das genaue Gegenteil (und bezieht sich auf öffentliche Straßen), aber immerhin eine Aussage mit der sich noch fahren lässt (obwohl ein 'Verboten-Schild' das Skateboard rot durchstreicht).

In der letzten in Kapstadt verbrachten Nacht versuche ich also nicht den Aufstand, aber ich probiere eine Alternative: Parkour. Und siehe da, das geht ebenso wunderbar auf all den Mauern und Vorsprüngen und Parkhäusern und Fahrradstangen und leeren Repräsentativplätzen vor leeren Repräsentativgebäuden. Ein paar Fußgänger schauen neugierig, das Sicherheitspersonal schmunzelt über die Abwechslung. Ich könnte damit leben.


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A letter to myself: Fragen und keine Antworten.


 Während des Zwischenseminars in Mpumalanga, erhielt ich einen Brief zurück, den ich im letzten Jahr im Juni an mich selbst adressierte. Es gab keine festgeschriebene Intention seitens der Auftraggeber, aber eine Erahnte dürfte gewesen sein, die Kontraste zu markieren, die durch die auswärtige Erfahrung zu Stande kamen. Stattdessen las ich Fragen, die trotz ihrer Entschiedenheit Ambivalenz erzeug(t)en. Und keine Antworten. Hier einige Verkürzungen:

"Viele Erfahrungen gemacht?"
"Habe ich alles, was ich brauche?"
"Bin ich zufrieden mit meiner Entscheidung?"
"Ist die Freiwilligentätigkeit ein reiner Servicejob?"
"Erlebe ich glückliche Momente des Alltags?"
"Hat sich meine Einstellung zu Kindern verändert?"
"Welche neuen Beziehungsgeflechte haben sich ergeben?"
"Spreche ich Brocken südafrikanischer Sprachen?"
"Bin ich manchmal glücklich bzw. zufrieden mit mir?"


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2013-02-08

Nelspruit/Mpumalanga.


Nelspruits Umgebung ist grün. Eingebettet in ein Tal, umgeben von bewachsenen Berghängen, deren Töne zwischen satt und seicht changieren. Auch der Weg in die Provinzhauptstadt Mpumalangas ist grün geebnet: Blütenfarben zeigen sich spärlich, dominierend bleibt die Farbe der Hoffnung. 
Die Fauna erzählt dazu ihre Geschichte: Grillen zirpen lautstark von der ursprünglichen Biodiversität der ehemaligen Grasländer und Vögel zwitschern über den heutigen, großflächigen monokulturellen Anbau von Baumplantagen (vornehmlich Eukalyptus und Pinie, aber auch Akazie; alle schnellwachsend).

Ein Projekt, das mit Freiwilligen vom Welthaus versorgt wird, nennt sich Geasphere (Link zur Projektseite) und arbeitet mit der lokalen Bevölkerung für ein Bewusstsein gegen die eurozentristische Perspektive, dass jeder Wald per se gutzuheißen sei. Denn in diesem Teil Südafrikas war über viele hunderttausende Jahre nicht der Wald der Umweltstandard, sondern das Grasland.
Während also Deutschland zu recht auf das Recht auf Wald besteht (weil ursprünglich durchgängig bewaldet), ist es hier unangebracht.
Biodiversität wird erzeugt durch die prozessuale Findung einer Homoöstase, die, wenig überraschend, extrem lange dauert. Plantagen jeder Art, auch wenn sie kurzweilige Wälder erzeugen, sind schädigende, auf Profit ausgerichtete Holzlieferanten für die Gelüste der "Lieber-erstmal-drucken-statt-lesen"-Fraktion (weit über 200kg Papier pro Jahr pro Kopf wurden in Deutschland 2008 verbraucht; ähnlich zu Finnland, USA, Schweiz und im Vergleich zu Südafrika mit einem Verbrauch von 70kg pro Jahr pro Kopf enorm viel).

Wasser wird zu Unmengen verschüttet, die Bodenerosion nimmt zu, einige Blüten des Graslandes können gar nicht mehr blühen, weil bestimmte Abkommen verbieten, das Grasland anzuzünden, was wiederum den Graslandbrand beinahe vollständig verhindert (natürlicherweise durch koinzidentelles Hufschlagen oder Blitze), der jedoch nötig wäre, um die sehr, sehr alte Biodiversität wiederherzustellen. Auch wenn es denn brennt, es werden sofort Löscheinsätze angeordnet, die den gesunden Flächenbrand im Keim ersticken.

Mit diesen Informationen im Kopf streifte die Zwölfpersonen-Volontärsgruppe auf ihrem Ausflug während des Zwischenseminars durch den regenwaldartigen Abschnitt von z.T. unberührtem Hügelland (die Ausnahmen sind die sog. alien trees, die sich sehr gut gegen die ursprüngliche Flora durchzusetzen wissen) und erkletterte sich fantastische Ausblicke (Picasa Link).
Oben angekommen setzt abrupt das Ebenengrasland ein, was gänzlich neue Abenteuer bereit hielt (Schlangen und eine uns fröhlich stimmende Meldung von einem Leoparden), die jedoch keinerlei Einlösung forderten und uns nach einem gefahrlosen Abstieg sogar in die ältesten Höhlen der Welt führte, die Sudwala Caves (Wiki Link).

Die wahrgenommene Möglichkeit auf so viel beinahe Unberührtes oder Konserviertes und Wildes belebte mich sehr: alles andere als Stadt und doch genauso faszinierend.


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