2013-03-31

Ich, im Dornröschenschlaf meines temporären Heimes, umgeben von den mich umgebenden, ästhetischen Wesen und ihren Werten: Ruhe, Entspannung, Eleganz, Anschmiegsamkeit und autonome Bindung.

Ich befinde mich im Modus des Denkens und der Aufnahme, ich überlege meine expliziten, verbalisierbaren Fähigkeiten (dank) und rekapituliere meinen professionellen Lebensverlauf (ebd.).

Was bin ich? Und was will ich? Am Liebsten: schreiben. Aber da verfalle ich in den Reigen des Pessimismus derjenigen, die dafür bereits alles gaben und geben und dennoch nicht derart davon leben können, dass sie andere Themen wählen könnten, über die sie schrieben (Vgl. für das Einzelschicksal; siehe hier für den Zwangsoptimismus und siehe da für den Niedergang der Vorzeigemacht der nachrichtlichen Geschäftswelt).
Was ich dabei vernachlässige, ist der Blick auf das Fokusfeld: es ist nicht der Journalismus, der mich anzieht, es ist die Autorenschaft an sich. Es ist die Selbstbestimmung, es ist das Wesen der Nostalgie (wie bei).
Und natürlich, wie könnte es anders sein?, die Verklärung, die Selbstbetrug bedeutet. (Das Wunderbare an der Illusion ist die spiegelhafte Grenze zur Realität: was und wie viel kann ich von einem Leben wissen, das ich nicht führe? Vielleicht nur die Projektion des gegenwärtigen Standes?)

Als ich heute willfährig die Seiten von Suchmaschinen-gefundenen Berufsangeboten durchlief, fiel mir auf, wie eng mein Kreis der Suche, wie klein die Sicht auf meinen Horizont geworden ist : "Psychologie" als Dauerstichwort jedweder Bemühung. Gewiss, das Feld ist groß und ich kann im Prinzip alles machen. Aber bei genauerer Betrachtung der Inserate wird zu häufig der HR-Bereich beworben und danach das Praktikantendasein (gegen das ich nichts per se einzuwenden habe, das jedoch den Nachteil hat, sich in die unsicheren Gefilde des psychologischen, markttauglichen Mittelstandes zu begeben, der wirtschafts-, und daher gewinnorientiert arbeitet).
Ich pflege zu sagen, dass mein psychologisches Rückgrat etwas ist, was ich nicht mehr loswerden kann. Aber um Zeit für eine Autorenschaft zu haben, werde ich mich von der beruflichen Perspektive der Psychologie trennen müssen [glaube ich] (auch hier hilft Woody Allen: Vicky Christina Barcelona, Seite 34-35; Link zum englischsprachigen Drehbuch; pdf, 212K; der entscheidende Satz: "No, but he doesn’t publish. That’s the point."). Daher gilt es, etwas zu tun, was mich finanziell leben lässt und mir Zeit gibt, nichts zu veröffentlichen und doch zu schreiben.

Verschiedene Alternativen habe ich bereits ausgeleuchtet: das Gastrogeschäft - möglich, aber nicht nachhaltig. Die erforderte Menge an Stunden der physischen (und damit leider auch psychisch-verlangenden) Arbeit ist nicht in Einklang zu bringen mit der geistigen Freiheit, die ich mir vorstelle. Zudem bedingt die Gastronomie geradezu apodiktisch (und informell) die gastronomische Gemeinschaft, die wiederum ein Kontingent fordert.  
Die Universität - möglich, aber auch nicht nachhaltig. Wer arbeitet an der Uni? Dem Studenten mag man Müßigkeiten vergeben, aber den Angestellten? Der performative Wert der Universität ist in der quantitativen Quote der Artikel bemessen. Die Uni verlangt (mittlerweile?) genauso die Absorption wie alle anderen 'player' auch. Es scheint kaum ein Entkommen aus meinem Diskrepanzerleben von Zeit und Geld zu geben - wer Geld durch Arbeit einnimt, verliert die Zeit für das, was kein Geld produziert und in meinem Willen und meiner Vorstellung wichtiger ist als alles Geld der Welt.
Die klinische Psychologie ist für mich einnehmend, beinahe schlundartig. Ich komme nur dann zu anderweitigem Denken, wenn ich freie Tage habe oder kurze Nächte (beides hat Grenzen). Wie hat das nur Tomas Tranströmer gemacht? Für ein Doppelleben scheint mir die Kapazität zu fehlen, was mich eher beim Murakami-Modell* landen lässt (* "After college, Murakami owned a small jazz bar in Tokyo for seven years." Auszug aus seiner Biographie von der offiziellen Webpräsenz). Aber dann wiederum: seine Zeit ist nicht die meine, seine Gesellschaft nicht meine Gegenwart.

Also doch Tranströmer?
"Manche haben gesagt: Der arme Tranströmer. Wie viel mehr hätte er schreiben können, wenn er nicht Geld als Psychologe hätte verdienen müssen" (aus der Frankfurter Rundschau, 14.3.2012, Ausgabe 63, S. 30-31, Rubrik: Feuilleton; via)

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