2013-07-06

Der letzte Monat.

Zeitungsausschnitt, Joburg Downtown. 
A: (weint) 
B: Warum weinst Du? 
A: (schluchzend, unsicher) Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht ... 
B: (schlägt A auf die Wange) Da. Jetzt hast Du wenigstens einen Grund, zu weinen.
(nach Camus)

Der letzte Monat meines Aufenthalts ist angebrochen und ich weiß nicht so recht, wie ich mich fühle. Einerseits 'fine and dandy' - ein Gefühl von kaltem Morgen, an dem ich in Jacken eingepackt auf dem Fahrrad trete und langsam die Wärme in meinen Fingerkuppen zu spüren beginne. Das Wundervolle danach besteht aus den geröteten Wangen, die mir auch im Spiegel zeigen, dass eine weitere nächtliche Blässe unter den Decken überwunden ist. Andererseits bin ich besorgt um meinen Aufbruch, der mir, obwohl noch scheinbar so lange weg, überhastet vorkommt.
Meine angenommenen Verpflichtungen - ich werde sie aufgeben müssen. Die Frage, ob ihre Nachfolge angetreten wird, bleibt unbeantwortet. Ab dem 9. August ist es nicht mehr an mir, für eine Reaktion zu sorgen.

Jedoch ganz erledigt, ist mit diesem Gedanken noch nichts. Ich denke auch an die emotionalen Banden, die (s)ich irgendwie doch mit meinem Umfeld gesponnen haben. Was passiert im Danach? Wird für Kontinuität gesorgt? Gibt es andere Personen, die sich kümmern?

Ich bemerke auch, dass ich wehmütig an Gegenständen hängen bleibe, die mich tagtäglich umgeben. Banales, wie ein Keramikteller mit einem Sprung, die imperiale Nachttischlampe, deren Haupt sich schon lange von ihren vier Halterungsdrähten getrennt hat (und das jetzt meinen Wäschekorb ziert). Ich denke daran, was ich hier lasse, was ich mitnehme, was ich noch erledigen muss usf. Kurzum: eine Aufbruchs-Unruhe macht sich in mir breit.

Ein weiteres Symptom dieses Zustandes ist eine Art Reparaturwelle in mir. Ich möchte gerne Dinge hinterlassen, die funktional sind. Ich lasse Kissen- und Deckenbezüge nähen, selbst wenn ich nicht für ihren Verfall verantwortlich war. Nur das einmalige Benutzen verpflichtet mich irgendwie. Ich schaue nach Nischen im Haus, die ich gerne fülle - eine Salat- und Rührschüssel, die irgendwie immer fehlte, aber erst jetzt durch mich erstanden wurde. Eine Springform, ein Backblech. (Zugegeben, diese Objekte laufen auf ein thematisches Ziel hinaus: ich möchte noch einen Kuchen backen).

Der Herd, bevor ich ihn säuberte. 

Scharfe Messer. Genügend Scheren. Ein Fahrrad, das fährt.
Es ist eine eigenartige Nischenordnung, die ich stimuliere - idiosynkratisch, orientiert an den Dingen, die für mich noch Bedeutung haben werden / haben / hatten und dem Auge für kleine Verbesserungen, die dadurch auffallen, dass sie keinem auffallen, weil sie zumeist als gegeben angenommen werden.

Zumindest verschaffe ich ihnen hiermit eine Geburtsurkunde.


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